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21.10.2025 Leipziger Tierärztekongress

Künstliche Intelligenz erobert die Veterinärmedizin

Von der Lahmheitsanalyse per Smartphone-App bis zur KI-gestützten Augendiagnostik: Wie der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) die tiermedizinische Praxis verändert, beleuchtet unter anderem die Session „Künstliche Intelligenz – Zukunft der Veterinärmedizin?“ mit dem Schwerpunkt Pferd. Doch auch in weiteren Programmbereichen des Leipziger Tierärztekongresses werden Chancen und Herausforderungen bei der Nutzung von KI-Systemen in den Fokus genommen, zum Beispiel zur Überwachung von Tiergesundheit und Tierwohl bei Wiederkäuern und Schweinen oder in der Lebensmittelsicherheit.

„Die KI erobert die Veterinärmedizin schneller, als öffentlich wahrgenommen wird. Zahlreiche Tierärzte haben zum Beispiel bereits eine App auf dem Smartphone, die mithilfe von KI eine Gangbildanalyse zur Lahmheitsuntersuchung bei Pferden nur auf Basis von Handyvideos ermöglicht“, sagt Prof. Dr. Kerstin Gerlach. Die Fachtierärztin für Radiologie und für Chirurgie im Bereich Bildgebende Diagnostik der Klinik für Pferde der Veterinärmedizinischen Fakultät der Universität Leipzig und Associate Member of the European College of Veterinary Diagnostic Imaging (ECVDI) gehört zu den Verantwortlichen der Session „Künstliche Intelligenz – Zukunft der Veterinärmedizin?“ am 15. Januar 2026. „Wir informieren die praktischen Tierärzte über die Funktionsweise von KI und den Stand der Dinge, blicken dabei auch über den Tellerrand. Neben unserem Schwerpunkt Pferd werden Entwicklungen in der Humanmedizin – speziell der gynäkologischen Bildgebung – thematisiert und es wird ein Bogen zur Diagnostik struktureller Gehirnerkrankungen beim Hund geschlagen.“

KI-basierte Apps erleichtern Diagnose

Der Weg von der digitalisierten Lahmheitsuntersuchung zur KI-gestützten Bewegungsanalyse werde beispielsweise von Dr. Vasiliki Katrinaki (Klinik für Pferde, Leipzig) beschrieben, so Prof. Gerlach. „Die Lahmheitsuntersuchung beim Pferd ist ein sehr komplexer Vorgang. Die KI kann die Diagnose durch das Erkennen von Bewegungsmustern bei Hüftabsenkung oder Kopfbewegung und die Bewertung von Asymmetrien inzwischen sehr gut unterstützen. Man lässt das Pferd vortraben, filmt seinen Gang, der Film wird von der KI-basierten App verarbeitet und innerhalb von Minuten kommt die Auswertung. Für die Lahmheitserkennung braucht man deshalb oft keine aufwändigen Sensorsysteme mehr. Heute genügt ein Handy“, beschreibt die Professorin.

Zudem werde Dr. Stephan Gesell-May von der Münchner Tierarztpraxis für Pferdeaugenheilkunde über KI in der Pferde-Ophthalmologie sprechen, kündigt Prof. Gerlach an. „Er arbeitet an einem KI-gestützten Programm zur Diagnostik von Erkrankungen des Pferdeauges. Eine App, die auf Grundlage von Fotos zuverlässig Befunde erstellt, wäre ein großer Fortschritt. Denn Augenuntersuchungen beim Pferd sind ebenfalls nicht einfach durchzuführen.“ Wesentlich sei, genug medizinische Daten zu sammeln, auf die der Algorithmus zugreifen könne. Hier setze der Vortrag von Prof. Dr. Anna May von der Klinik für Pferde der Tierärztlichen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München an. Die Fachtierärztin für Innere Medizin des Pferdes werde sich der KI beim Pferd, der Sammlung und Anwendung von Daten widmen, erklärt Prof. Gerlach.

Datenschätze heben

Den Einsatz von KI bei der Auswertung von Szintigrammen von Pferden rückt der Beitrag von Sigita Krüger (Klinik für Pferde, Leipzig) in den Mittelpunkt. Die Szintigrafie ist ein bildgebendes nuklearmedizinisches Untersuchungsverfahren, das Vorgänge und Strukturen im Körper sichtbar macht. „Die Doktorandin füttert ein KI-Programm mit Bildern von gesunden und kranken Pferden. Ziel ist, künftig mittels KI zu entscheiden, ob eine Veränderung im Anreicherungsmuster vorliegt. Das könnte zum Beispiel bei Arthrose der Fall sein. Bisher liegt dafür noch kein genügend großer, qualifizierter Datenstamm vor. Deshalb liefert ein Verbund von drei Pferdekliniken große Mengen Bilder und Daten für dieses Projekt“, berichtet Prof. Gerlach. Auf dem Leipziger Tierärztekongress werden erste Ergebnisse vorgestellt.

Schneller zur Diagnose

„Die KI kann den Veterinärmedizinern helfen, Befundung und Diagnosen deutlich zu beschleunigen und so Erkrankungen zeitiger zu erkennen. Das senkt die Risiken von ernsten Folgeschäden für die Tiere – und das spart wiederum den Besitzern Kosten“, so Prof. Gerlach. „Mit unserer Session auf dem Leipziger Tierärztekongress möchten wir die spannende Debatte um KI in der veterinärmedizinischen Praxis bereichern und neue Ideen einbringen. Vielleicht entstehen neue Kooperationen und Konzepte daraus.“

Die Session „Künstliche Intelligenz – Zukunft der Veterinärmedizin?“ findet am 15. Januar 2026, 14:15 bis 15:45 Uhr (Teil I) sowie 16:15 bis 17:55 Uhr (Teil II) , im Themenschwerpunkt Pferd auf dem Leipziger Tierärztekongress statt. Den Vorsitz haben Prof. Dr. Walter Brehm, Direktor der Klinik für Pferde, Veterinärmedizinische Fakultät, Universität Leipzig, sowie Prof. Dr. Kerstin Gerlach von der Klinik für Pferde inne.

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