15. bis 17. Januar 2026 Leipziger Tierärztekongress

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12.01.2024 Leipziger Tierärztekongress

Umsetzung des Deutschen Tierschutzgesetzes kritisch hinterfragt

Das Deutsche Tierschutzgesetz zielt darauf ab, das Leben und das Wohlbefinden von Tieren zu schützen. Bei genauer Betrachtung fällt jedoch eine scheinbare Inkonsequenz hinsichtlich dessen Umsetzung auf. So ist die Schutzwürdigkeit von Tieren an bestimmte Bedingungen gebunden, auf die Prof. Dr. Stephanie Krämer von der Justus-Liebig-Universität Gießen auf dem Leipziger Tierärztekongress eingeht.

In ihrem Vortrag Die Umsetzung des Deutschen Tierschutzgesetzes kritisch hinterfragt – oder: Wenn doch nicht alle Tiere gleichbehandelt werden geht Prof. Dr. Stephanie Krämer auf mögliche Gründe für die inkonsequente Umsetzung des Deutschen Tierschutzgesetzes ein. Dabei thematisiert sie insbesondere die inkonsequente Verfolgung nach dem „Qualzuchtparagrafen“ und die „moralische Schizophrenie“ menschlicher Handlungsweisen im Umgang mit Tieren. Der Vortrag ist Teil des Themenschwerpunkts „Ethik“ und findet am 18. Januar 2024 von 14:00 bis 14:30 Uhr auf dem 12. Leipziger Tierärztekongress statt.

Schutzwürdigkeit von Tieren

In unserem Kulturkreis haben sich in erster Linie der Anthropozentrismus und der Pathozentrismus als Grundpositionen der Tierethik durchgesetzt. So nehmen diese auch Einfluss auf das Deutsche Tierschutzgesetz.

Zwar verfolgt das Gesetz in seinem Grundsatz das Ziel, alle Tiere zu schützen, doch ist deren Schutzwürdigkeit bei genauerer Betrachtung an bestimmte Voraussetzungen gebunden. So ist ein Tier im Sinne des Deutschen Tierschutzgesetzes dann schützenswert, wenn dessen Leidens- und Schmerzempfindungsfähigkeit belegbar sind.

Grundlage der Deutschen Tierschutzgesetzgebung ist der evidenzbasierte Tierschutzgedanke. Wissenschaftliche Erkenntnisse belegen, dass Haustiere dazu in der Lage sind, Leid zu spüren und über eine komplexe Schmerzwahrnehmung verfügen.

Das Töten einer Mücke durch den Menschen etwa kann im Gegensatz zu dem eines Haustieres nicht strafrechtlich verfolgt werden. Grund hierfür ist der Mangel an wissenschaftlich belastbaren Erkenntnissen, die belegen, dass Insekten ein Schmerzempfinden besitzen.

Anders als der Verlust einer Mücke, kann sich der eines Haustieres auf den Menschen negativ beziehungsweise gegebenenfalls existenzbedrohend auswirken. Zu Beginn wurden daher zunächst landwirtschaftliche Nutztiere unter Schutz gestellt, später folgten weitere Haustiere wie Hunde und Katzen. So ist beispielsweise bekannt, dass das Rind bereits im Codex Hammurabi aus dem 18. Jahrhundert v. Chr. unter Schutz gestellt wurde. Eine wesentliche Rolle spielten dabei Eigentümerinteressen. Die Schutzbedürftigkeit von Hunden und Katzen rückte hingegen erst später in das allgemeine Interesse, auch mit der Veranstaltung von Rassehundeausstellungen (1859) und der Gründung von Rassehundvereinen (1880).

Der Wert eines Tieres

Der Hund und insbesondere der Rassehund (wie auch die Rassekatze oder das Rassepferd) hat sich für den Menschen über die Zeit zu einem wichtigen Begleiter entwickelt. Im Allgemeinen lässt der Begriff „Rasse“ in der Welt der Haustiere auf einen besonderen Wert des Tieres schließen. Womit vor allem der finanzielle Wert des jeweiligen Tieres gemeint ist. Aufgrund des höheren finanziellen Wertes erscheint es nachvollziehbar, Rassetieren einen besonderen und über die Mindestanforderungen hinausgehenden Schutz gewähren zu wollen. Der Vortrag setzt sich daher auch mit der Frage auseinander, ob es eine Abstufung hinsichtlich der Schutzbedürftigkeit verschiedener Haustiere gibt.

Bezüglich des Schutzes von Versuchstieren greift neben dem Deutschen Tierschutzgesetz zusätzlich die Tierschutzversuchstier-Verordnung, welche zur Schmerz- und Belastungsbeurteilung bei der Durchführung von Tierversuchen verpflichtet. Berücksichtigt werden im § 11b des Deutschen Tierschutzgesetzes dabei zudem genetische Schäden. Dieser gilt für alle Tiere (nicht ausschließlich Versuchstiere), die in den Augen des Gesetzgebers besonders schützenswert sind. Wird im Falle von Versuchstieren davon ausgegangen, dass deren Zucht bei ihren Nachkommen zu Schmerzen, Leiden oder Schäden führen könnte, so ist deren Züchtung und Haltung im Vorfeld entsprechend zu genehmigen.

Im Gegensatz dazu werden bei der Zucht von Hunden, Katzen, Pferden, Vögeln und vielen Nutztieren bestimmter Rassen zuchtbedingte Schäden, Schmerzen und Leiden zu Gunsten zweifelhaften Erscheinungsbild oder der Wirtschaftlichkeit offenbar kritiklos hingenommen.

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